wwt 7-8/2022

Verlegung als fliegende Leitung für temporären, oberirdischen Transport Overland Piping Öl Wasser www.primusline.com Häusliches und industrielles Abwasser | Meerwasser | Sole | Rohwasser Praxismagazin für Trink- und Abwassermanagement Sensorik und vernetzte Systeme: Intelligentes Abwassermanagement für dezentrale Strukturen Mit 14 Seiten Special: Pumpen 7-8 Juli/August 2022 Rohrleitungs- und Kanalbau: Verjüngungskur für Hamburgs wichtiges Transportsiel Altona wasserwirtschaft wassertechnik

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1 7-8/2022 Die Wasserwirtschaft muss weltweit genau betrachtet werden, da sich die Anforderungen von Region zu Region sehr unterscheiden. Die Regelung des Wasserhaushalts ist immer dann auf die Probe gestellt, wenn zu viel oder zu wenig Wasser vorhanden ist. Extreme Hochwasserereignisse verursachen meist große Schäden und gefährden Menschenleben. Nahes Beispiel: das deutsche Ahrtal, das im Sommer 2021 von einer extremen Flutkatastrophe getroffen wurde. Die Voraussetzungen für die Entstehung von Hochwasser sind sehr vielfältig und genaue Vorhersagen zu Starkregen sind nur begrenzt möglich. Ein Lösungsansatz geht hierbei in Richtung Schwammstädte. Dazu werden neue und moderne Technologien angewendet, die zum großen Teil in Deutschland entwickelt werden. Dies wird hohe Investitionen in den Anlagen der Wasserwirtschaft erfordern. Im Juni 2022 fiel im deutschlandweiten Mittel 25 % zu wenig Niederschlag. Der meiste Niederschlag fiel überwiegend als Starkregen, dabei gab es regional deutliche Unterschiede. Wie sieht es deshalb mit der Grundwasserneubildung aus? Grundwasser wird über den Niederschlag gespeist. Langanhaltende Trockenheit mit fehlenden Niederschlägen, reduzierten Sickerwasserraten und geringer Grundwasserneubildung führt zu einer veränderten Tiefenlage der Grundwasseroberfläche. Während in Südbayern kein Wassermangel besteht, sieht es in Franken ganz anders aus. Hier macht man sich viele Gedanken, wie man dies in Zukunft besser gestaltet. An diesem Beispiel erkennt man die unterschiedlichen Anforderungen allein in Bayern. Da in Deutschland etwa 70 % des Trinkwassers aus Grundwasser stammt, ist es wichtig die Betriebswasserspiegel unserer Brunnen noch mehr zu beachten. Viele Unterwassermotorpumpen müssen heute wesentlich größere statische Höhen bewältigen und lassen die Ag- gregate in schlechten Wirkungsgraden laufen. Gerade in Brunnengalerien beim Einsatz von gleichzeitig mehreren Pumpen, gilt es die Maschinen über Drehzahlregelung so zu steuern, dass siemöglichst lange in ihremBestpunkt laufen. Die immer bessere Kommunikation zwischen wasser- wirtschaftlichen Anlagen, wie Brunnen, Wasserwerk und Trinkwassernetz, kann sowohl die Versorgungssicherheit als auch die Energie- und Ressourceneffizienz optimieren. Veränderungen machen sich auch im Abwasserbereich bemerkbar. Hohe Schmutzfrachten bei kleiner Wasser- menge machen nicht nur den Kanälen zu schaffen, sondern auch den eingesetzten Abwasserpumpen. Oft hat man Probleme dieses teilweise konzentrierte, unvorhersehbare Abwassergemisch zu fördern. In Planung und Betrieb von Abwasserpumpstationen sind die Herausforderungen der Zukunft längst angekommen. Die vielfach überalterten Anlagen geraten an ihre Grenzen, Störungen und Ausfälle der Pumpen sind dann unvermeidlich. Die Folge: hohe Wartungskosten und eine schlechte Energieeffizienz. Smarte Produkte sind die Antwort auf diese Herausforderung. Mithilfe integrierter Steuerungsintelligenz können sie auch intelligent auf Veränderungen in der Umwelt reagieren. Ich denke nur gemeinsam mit Betreibern, Anlagenbauern, Ingenieurbüros und Herstellern ist dies gut zu bewältigen. Die Digitalisierung als Schlüsselfaktor wird uns unterstützen, um Effizienz und ständige Verfügbarkeit zu gewährleisten. Keine Lösungen von der Stange Der nachhaltige Umgang mit Wasser ist nicht nur eine Frage von Umweltschutz, Gesundheit und sozialer Gerechtigkeit. Auch in zentralen wirtschaftlichen Feldern wie Infrastruktur, industrieller Produktion und Landwirtschaft spielt der nachhaltige Umgang mit Wasser eine entscheidende Rolle. Kommentar Mario Hübner, Manager System Engineering bei Wilo SE Quelle: Wilo SE

2 www.umweltwirtschaft.com Inhalt Kommentar 1 Keine Lösungen von der Stange Mario Hübner Abwassernetzwerke: Intelligentes Abwassermanagement für dezentrale Strukturen und ländliche Räume Quelle: TU Berlin Special: Pumpen Abwassermanagement 10 Intelligentes Abwassermanage- ment für dezentrale Strukturen Christopher Bölter; Dr.-Ing. Sebastian Wulff; Prof. Dr.-Ing. Paul Uwe Thamsen Monitoring 15 Die Energiekosten auf dem Schirm und im Griff KSB SE & Co. KGaA Praxisberichte 20 Neue Pumpen für die Kontrolle des Rheinwassers in Bad Honnef Allweiler GmbH 22 Schlauch versus Membrane Watson-Marlow GmbH 24 Stabile Entsorgung von Klär- schlämmen im Kanton Zürich Pumpenfabrik Wangen GmbH Titelbild: Primus Line Overland Piping ist eine sichere, zuverlässige und mehrfach wiederverwendbare Lösung für den oberirdischen Transport von Flüssigkeiten. Längen von 1.000 m und mehr sowie mehrfache Richtungsänderungen sind möglich. Quelle: Werner Rädlinger Gruppe Wasserszene 4 Zukunftslösungen für die digitale und ökologische Transformation Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz 5 Ausgezeichnet! Willy-Hager- Medaille 2022 für Sven-Uwe Geißen Willy-Hager-Stiftung 6 Das Oderbruch – Europäisches Kulturerbe Europäische Kommission 6 Gewässer und Grundwasserstände vielerorts zu niedrig Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg 7 CO2-Emissionen aus den Mooren weit vor 2050 stoppen! Im Gespräch mit Prof. em. Dr. Michael Succow 26 Stadtentwässerungsbetriebe Köln unterstützen Ukraine Birgit Konopatzki Verlegung als fliegende Leitung für temporären, oberirdischen Transport Overland Piping Öl Wasser www.primusline.com Häusliches und industrielles Abwasser | Meerwasser | Sole | Rohwasser S. 10 Transportsiel Hamburg-Altona: Verjüngungskur für Hamburgs Hauptschlagader Quelle: Hamburg Wasser S. 36

3 7-8/2022 Rohrleitungs- und Kanalbau Qualitätssicherung 28 Mehrwert für die Unternehmens- führung RAL-Gütegemeinschaft Güteschutz Kanalbau 35 Cloudstrukturen und KI helfen JT-elektronik GmbH Dichtheitsprüfung 30 Grundwasseranreicherung mit alten Abwasserleitungen? – Teil 2 Bernd Goldberg Praxisberichte 36 Umfangreiche Sanierung des Transportsiels Hamburg-Altona Steve Föhse; Enrico Brandt 40 Grabenlos gut und klimaschonend! Diringer & Scheidel GmbH & Co. KG 43 Wasser statt Sekt: Stauraumkanal für ehemalige Sektkellerei Finger-Beton Unternehmensgruppe Produkte und Projekte 45 Kurze Rüstzeiten beim Setzen von Hutprofilen bei der Stutzen- sanierung Pipetronics GmbH & Co. KG Umwelt Regenwasserbewirtschaftung 46 Das Wasser benötigt dringend Aufenthaltserlaubnis Klaus W. König Klimawandel 49 Schäden und Kosten durch Folgen der Klimakrise ermittelt Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz Veranstaltungen 51 Regenwasser und Abwasser im Klimawandel Mario Hübner; Nico Andritschke Gewässerschutz 53 Ströme der Erde – Teil 10: Der Duero Dr. Wolfgang Berger Rubriken 45 Adressen für Fachleute 50 Impressum Unsere robusten Rohrbogen-Pumpen RPP/RPG sind sensible Kraftpakete – ausgelegt für grosse Förderströme, für den schonenden Transport emp ndlicher Medien und für Ihre ganz speziellen Anforderungen. Weitere Informationen: www.eggerpumps.com Softie. 170518_Egger_Softie_AZ_DIN A4_RZ.indd 1 23.05.17 10 Berichtigung Der Redaktion ist in wwt 6-22 im Beitrag LMBV – Positive Bilanz 2021 leider ein Fehler unterlaufen. Die Bildunterschrift muss richtig lauten: Gunnar John (Kaufmännischer Geschäftsführer der LMBV), Dr. Ulrich Teichmann (Vorsitzender des Aufsichtsrats der LMBV) und Bernd Sablotny (Technischer Geschäftsführer der LMBV und Sprecher der Geschäftsführung) bei der Bilanz-Pressekonferenz (v. l. n. r.) Wir bitten den Fehler zu entschuldigen!

4 www.umweltwirtschaft.com vor: „Die Anforderungen an den Gewässerschutz steigen immer weiter. Wir bieten ein Messgerät an, das hauptsächlich kommunalen Kläranlagen im Rahmen des Monitorings im bisher nicht erfassten Mikro- bis Nanobereich wichtige Daten zum Mikroplastikgehalt im Abwasser liefern kann.“ Mit dem Praxisstart wird 2023 gerechnet. Johannes Neupert von der TU Berlin, FG Siedlungswasserwirtschaft, stellte gemeinsam mit der Aris GmbH ein von der Audi-Stiftung gefördertes nachrüstbares Filtersystem zur dezentralen Straßenabwasserreinigung vor. Das System soll den Eintrag von Mikroplastik aus Reifenabrieb und anderen umweltschädlichen Partikeln zusammen mit dem Regenwasser in die Kanalisation und Gewässer vermeiden. Mit ersten Praxis- und Labortests wurde die Effizienz des Systems bereits nachgewiesen. Nun werden Kommunen gesucht, die dieses System nutzen möchten. Die Gesellschaft für naturwissenschaftliche Forschung in BerlinAdlershof e. V. präsentierte einen Mikroplastik-Filtrationsteststand mit UV-Beleuchtung, Kamera und Display zur Darstellung der Arbeitsweise keramischer Filtermaterialien bei der Entfernung von Mikroplastik aus Abwässern. Diese Neuentwicklung entstand mit Unterstützung der „FuE-Förderung gemeinnütziger externer Industrieforschungseinrichtungen – Innovationskompetenz“, mit der das BMWK die innovative Leistungsfähigkeit gemeinnütziger externer Industrieforschungseinrichtungen unterstützt.  AiF Projekt GmbH https://innovationstag- mittelstand-bmwk.de/ demonstrierten den Beitrag innovativer Unternehmen bei der Lösung aktueller und zukünftiger Herausforderungen: Sie sind hauptsächlich auf ökologische und Nachhaltigkeitseffekte ausgerichtet, zielen auf mehr Energie- und Ressourceneffizienz, die Dekarbonisierung und Digitalisierung der Wirtschaft sowie die verstärkte Nutzung erneuerbarer Energien und Klimaschutz. Wasser, Mikroplastik und Stickstoff im Blick Die DECKMA Hamburg GmbH stellte ein aus einem optischen Streulichtsensor und einem Biomembranreaktor bestehendes Messsystem vor. Gemeinsam mit der Technischen Hochschule Mittelhessen aus Gießen entwickelt, ermöglicht die Lösung eine schnelle Bestimmung sowohl der Partikelgrößen und Konzentrationen als auch der Kunststoffsorten sowie eine Vorbehandlung der zu untersuchenden Proben. Timo Nider von der Abteilung Forschung & Entwicklung der DECKMA stellte das Messgerät Wasserszene Innovationstag Mittelstand des BMWK: Zukunftslösungen für die digitale und ökologische Transformation Am 23. Juni 2022 präsentierten sich mehr als 200 Aussteller live auf dem „Innovationstag Mittelstand“ des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) in Berlin. Dr. Franziska Brantner, Parlamentarische Staatssekretärin beim Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz, eröffnete die ganztägige Veranstaltung, an der rund 2.000 Teilnehmer aus Wirtschaft, Politik und Regierung sowie Interessierte aus der breiten Öffentlichkeit teilnahmen. Der Innovationstag Mittelstand ist seit vielen Jahren ein Schaufenster erfolgreicher mittelständischer Innovationstätigkeit und zugleich eine zentrale Kommunikationsplattform innovativer kleiner und mittlerer Unternehmen. Firmen und Forschungseinrichtungen aus ganz Deutschland präsentieren einmal jährlich in Berlin-Pankow Innovationen, die durch themenoffene Förderprogramme des BMWK angestoßen wurden. Das Ausstellerspektrum bildete zudem das breite BMWKUnterstützungsangebot „Von der Idee zum Markterfolg“ ab. Dr. Franziska Brantner wies in ihrer Auftaktrede auf die besondere Bedeutung des Mittelstands hin: „Der Mittelstand ist kreativ und Treiber von Innovationen. Erfolgreich innovative Leistungen erbringen zu können, das ist essenziell für die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit und der digitalen und technologischen Souveränität. Gleichzeitig brauchen wir den Erfindergeist und wirtschaftlich gesunde Unternehmen, damit auch in den herausfordernden Zeiten die unabdingbare ökologische und digitale Transformation gelingt. Bei diesem Wandel durch Innovationen unterstützt das BMWK insbesondere den Mittelstand in allen Phasen des Innovationsprozesses mit passgenauen Angeboten und mit innovations- und investitionsfreundlichen Rahmenbedingungen.“ Dass es in diesem Prozess immer noch Verbesserungspotenzial in Sachen Flexibilität und Schnelligkeit gibt, räumte sie ein. Im Anschluss wurden Urkunden an die „ZIMProjekte des Jahres“ überreicht. Viele der ausgestellten Projekte Nach zwei Jahren coronabedingter Unterbrechung fand wieder ein „Innovationstag Mittelstand“ in Berlin statt. Quelle: Andritschke

5 7-8/2022 Ausgezeichnet! Willy- Hager-Medaille 2022 für Sven-Uwe Geißen Für seine außerordentlichen Leistungen und Verdienste bei der grundlegenden und anwendungsbezogenen Forschung zum industriellen Wassermanagement wurde Prof. Dr.-Ing. Sven-Uwe Geißen von der TU Berlin am 22. Juli 2022 mit der Willy-HagerMedaille 2022 geehrt. Die Preisverleihung erfolgte im Rahmen eines Festkolloquiums im DECHEMA-Haus in Frankfurt am Main. Sven-Uwe Geißen leitet seit seiner Berufung auf die C4-Professur für Umweltverfahrenstechnik im Jahr 2004 das Fachgebiet Umweltverfahrenstechnik an der TU Berlin und hat es zu einer national und international erfolgreichen und anerkannten Institution auf dem Gebiet der industriellen und kommunalen Abwasseraufbereitung etabliert. Neben dem Industriewassermanagement liegen seine Schwerpunkte auf dessen Behandlung und Recycling, der Behandlung von Konzentraten und der Rückgewinnung von Wertstoffen sowie der Modellierung und Simulation von Wasserkreisläufen. Gleichzeitig unterhält er weltweit zahlreiche internationale Kooperationen mit Universitäten, Instituten und Firmen. Zwischen Dezember 2013 und Dezember 2017 hatte er zudem eine Ehrenprofessur an der Tongji-Universität Shanghai (China) inne. Mit der Willy-Hager-Medaille werden durch die Willy-HagerStiftung alle drei Jahre Persönlichkeiten ausgezeichnet, die sich in hervorragender Weise um die wissenschaftliche Erforschung der Grundlagen und Verfahren der Wasseraufbereitung und der Abwasserreinigung verdient gemacht haben. Der Deutsche Fachverlag, Verlagsbereich Technische Fachzeitschriften, und die Redaktion wwt gratulieren ihrem langjährigen Beiratsmitglied ganz herzlich zu dieser Auszeichnung! Projekte Übergabe der Willy-Hager-Medaille während des Festkolloquiums bei der DECHEMA Quelle: Jean-Luc Valentin Unsere Technik. Ihr Erfolg. Pumpen n Armaturen n Service Die Unterwassermotorpumpen UPA mit hochwertigen Materialien und konstant hohem Wirkungsgrad. Das bedeutet für Sie: Niedrige Betriebskosten und langfristige Einsparungen. Überzeugen Sie sich selbst. www.ksb.de STANDFEST. SANDFEST. EFFIZIENT. On-Line mit KSB: Jeden Mittwoch, 10-11 Uhr On-Line mit KSB. Melden Sie sich an.

6 www.umweltwirtschaft.com der und von Deichen eingefasster Kanal an der nordöstlichen Kante der Niederung angelegt. Der Flusslauf verkürzte sich durch diesen Eingriff um nahezu 25 km. Das trockengelegte Areal wurde schnell mit Kolonisten besiedelt. War zuvor der Fischfang die wichtigste Einnahme- und Versorgungsquelle der Einwohner, so war es nach der Trockenlegung vor allem die Land- und Viehwirtschaft, die die Menschen ernährte. Für den Zuzug der Neusiedler und die Gründung der Dörfer wurden 600.000 Taler aus der preußischen Staatskasse bereitgestellt. R. Lang  Europäische Kommission https://culture.ec.europa.eu/news/ commission-announces-12-neweuropean-heritage-label-sites hunderts floss die Oder noch in mehreren kleineren Flussarmen durch die infolge der Weichsel- eiszeit entstandene Niederung. Mehrmalige Überflutungen im Jahr führten zu häufigen Änderungen im Verlauf der Wasserarme. Das heutige Landschaftsbild entstand um die Mitte des 18. Jahrhunderts, als in der Herrschaftszeit Friedrich II. die Oder begradigt, eingedeicht und die Feuchtgebiete trockengelegt wurden. Die Pläne hierfür lieferte der niederländische Wasserbauingenieur und Oberdeichinspektor Simon Leonhard von Haarlem. Der berühmte Schweizer Mathematiker Leonhard Euler prüfte diese Pläne und empfahl ihre Umsetzung. Es wurde ein fast 19 km langer, beinahe geraBrandenburg: Das Oderbruch – Europäisches Kulturerbe Am 13. Juni 2022 wurde das Brandenburger Projekt „Das Oderbruch – Menschen machen Landschaft“ in Brüssel mit dem Europäischen Kulturerbe-Siegel ausgezeichnet. Mit knapp 1.000 km2 ist das Oderbruch die größte besiedelte Polderlandschaft Europas. Mit der Auszeichnung wird die Kulturlandschaft und ihre landschaftliche Eigenart und bedeutende Stellung in der Geschichte und Kultur Europas gewürdigt. Seit 2011 gibt es diese Auszeichnung, mit der vor allem Kulturdenkmale, Kulturlandschaften und Gedenkstätten geehrt werden, die einen gewichtigen Beitrag für die europäische Kultur leisten. Das Oderbruch ist nun in einer Reihe mit solchen Stätten der europäischen Geschichte und Kultur wie dem Hambacher Schloss, der Abtei von Cluny, der Wiener Hofburg, der Danziger Werft und der Großen Synagoge in Budapest zu nennen. Theodor Fontane hat in seinen „Wanderungen durch die Mark Brandenburg – Das Oderland“ dem Landstrich ein literarisches Denkmal gesetzt. Südöstlich von Oderberg und nordwestlich von Lebus gelegen, wird die Niederung östlich von der Oder und westlich von der B167 begrenzt und erstreckt sich über eine Ausdehnung von etwa 60 km in der Nord-Süd-Ausdehnung bei einer Breite von bis zu 20 km. Ein kleinerer Teil des Bruches liegt an der polnischen Uferseite der Oder. In der ersten Hälfte des 18. JahrLandesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg: Gewässer und Grundwasserstände vielerorts zu niedrig Laut Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg fiel das erste Halbjahr 2022 deutlich zu heiß und zu trocken aus. Von Januar bis Juni fielen nur rund 80 % des Niederschlags, der im langjährigen Mittel für diesen Zeitraum üblich ist. Die Lufttemperaturen waren bis einschließlich Juli überdurchschnittlich. An der Wetterstation Mannheim wur- den beispielsweise bis zum 16. Juli 2022 bereits zehn „heiße Tage“ (> 30 °C) verzeichnet. Dies hat spürbare Folgen. Zwei Drittel der Pegel der HochwasservorWasserszene Ein Algenteppich auf dem Bodensee in der Nähe der Schussenmündung Quelle: LUBW Das Oderbruch gehört jetzt zum Europäischen Kulturerbe. Quelle: R. Lang hersagezentrale Baden-Württemberg wiesen Ende Juli einen Wasserstand auf, der unter dem niedrigsten Wasserstand eines durchschnittlichen Jahres liegt. Insbesondere in der westlichen Landeshälfte führen nahezu alle Gewässer Niedrigwasser, aber auch in der östlichen Landeshälfte sind viele Gewässer betroffen. Somit entwickelt sich bereits früh im Jahr eine ausgeprägte Niedrigwasserlage. Hält die trockene Wetterphase weiter an, könnten die Niedrigwasser-Rekordwerte des Hitzejahres 2003 sowie des Dürrejahres 2018 erreicht oder sogar unterschritten werden. Zahlreiche Wasserbehörden der Landratsämter und Städte haben für ihre Kreise ein Verbot zur Wasserentnahme aus Gewässern ausgesprochen, z. B. im Ortenau- und Bodenseekreis. Der Frühsommer 2022 zählt im langjährigen Vergleich zu den Frühsommern mit den niedrigsten Grundwasserständen. Derzeit ist die Niedrigwassersituation an den Schwarzwaldquellen und in den Talfüllungen der Schwarzwaldgewässer besonders ausgeprägt. Am Bodensee ist der Wasserstand aktuell mehr als 80 cm niedriger als für die Jahreszeit üblich.  LUBW www.lubw.baden- wuerttemberg.de

7 7-8/2022 Interview Im Gespräch mit Prof. em. Dr. Michael Succow CO2-Emissionen aus den Mooren weit vor 2050 stoppen! Nord- und Mitteleuropa gehören zu den moorreichen Regionen der Welt, aber 60 % der euro- päischen Moore sind bereits tief entwässert. In Deutschland sind nur noch fünf Prozent der Moore lebend, d. h. wachsend. Es muss gehandelt werden, denn Moorschutz ist Klimaschutz! Moore haben sehr wichtige Funktionen, insbesondere für den Landschaftswasserhaushalt und als CO2-Senke. Dennoch sind die Meisten von ihnen im Bestand gefährdet oder bereits zerstört. Viele Jahrhunderte wurde die Funktion der Moore allein auf die Rolle als Brennstoff- und Torflieferant für den Gartenbau reduziert. Die Bundes- und Landespolitik hat zwar zwischenzeitlich die Bedeutung der Moore für den Klimaschutz erkannt, dennoch sind Fördermaßnahmen und daraus resultierende sichtbare Veränderungen in den letzten Jahren überschaubar geblieben. Umso erfreulicher, dass bei ersten Landnutzern ein Umdenken beginnt. Aber auch die Wasserwirtschaft muss sich weit stärker als Akteur im Moorschutz begreifen. wwt befragte den renommierten Moorexperten Prof. em. Dr. Michael Succow zur Bedeutung der Moore für den Klimaschutz und Möglichkeiten ihrer Revitalisierung. wwt: Herr Professor Succow, in Ihrem neuen Buch „Deutschlands Moore“ sagen Sie, dass unser Land ein Moorland mit großer Vielfalt war. Was zeichnete deren Vielfalt aus und wie viele Moore gibt es noch? Succow: Ja, Deutschland war einst ein Moorland mit großer Vielfalt: den Salzmooren an der Küste, den Regenmooren Nordwestdeutschlands, den mächtigen Flusstalmooren im südlichen Ostseeraum, den Mooren der Mittelgebirge, des Alpenvorlandes und Alpenrandes. Die verschiedenen Moortypen bieten jeweils ganz besonderen, hochspezialisierten Pflanzen- und Tierarten Lebensräume. Zwar hat Deutschland noch 1,8 Mio. Hektar Moore, das sind 5 % der Landfläche, jedoch ist der Großteil der Moore (ca. 95 %) nicht mehr wachsend, sondern degradiert. Der Torf zersetzt sich, Kohlenstoff wird in die Atmosphäre und Nährstoffe werden in die Gewässer freigesetzt. Die Moore verlieren ihre Wasserspeicherfähigkeit und Biodiversität. Aufgrund der kaum noch durchlässigen Oberbodenschicht sind die Standorte inzwischen von Stau- und Haftnässe geprägt und zeigen nach Niederschlägen Tagwasservernässung, in niederschlagsarmen Phasen trocknen sie aus. wwt: Wie bewerten Sie die Rolle der Moore für den Landschaftswasserhaushalt und das Klima einst und heute? Succow: Moore waren und sind von großer Wichtigkeit für Landschaftswasserhaushalt und Klima, und selbstverständlich wird diese Rolle vor dem Hintergrund des menschengemachten Klimawandels immer bedeutsamer – nur lebendige, das heißt nasse Moore können ihre Funktion als CO2-Senke, für die Festlegung von Nähr- und Schadstoffen wie Stickstoff und Phosphor, als Wasserspeicher und Kühlungsräume durch ihre hohe Verdunstungsrate erfüllen. Daher ist es unabdingbar, unsere Moore wieder nass und damit möglichst wieder zu wachsenden, torfbildenden Lebensräumen zu machen – solange das dazu nötige Wasser noch verfügbar ist. wwt: Ist der Schutz der Moorböden in der Vergangenheit nur in Deutschland aus dem Blickfeld geraten und worin sehen Sie die Ursachen? Succow: Die Moore wurden in Mitteleuropa als letzte zur Verfügung stehende Landschaftsräume erst ab dem 18. Jahrhundert in Nutzung genommen. Erste Entwässerungen gab es bei den Regenmooren in Nordwestdeutschland schon im späten Mittelalter, zumeist zur Brenntorfgewinnung – dort, wo es aufgrund der Abholzung der Wälder zu wenig Brennholz gab. Eine Entwässerung von Mooren fand überall dort statt, wo es Bedarf an landwirtschaftlichen Flächen gibt – verursacht zumindest bis zur Hälfte des 20. Jahrhunderts in Deutschland und Europa vor allem durch die Not der Menschen. Bei wachsender Bevölkerung mussten zusätzliche Anbauflächen genutzt werden, um die Menschen zu ernähren. Die Brenntorfgewinnung spielt inzwischen keine Rolle mehr. Torfabbau findet nur noch in Nordwestdeutschland statt, vor allem zur Nutzung als Streu und Gartenbausub- strat. Die Intensität der Moornutzung nahm im 20. Jahrhundert jedoch immer weiter zu, es kam zu einer fast flächendeckenden Kultivierung von Moorflächen für Ackerbau und Bild 1 Prof. em. Dr. Michael Succow, Wissenschaftler, Naturschützer und Initiator des ostdeutschen Nationalparkprogramms Quelle: Stefan Schwill

8 www.umweltwirtschaft.com Saatgrasland, verbunden mit der immer stärkeren Industrialisierung der Landwirtschaft und der tiefen Grundwasserabsenkung, um schwere Agrartechnik einzusetzen. Heute sind alle diese Standorte zu agrarischen Problemstandorten geworden. Die mit der Moorentwässerung verbundenen Probleme kamen erst nach und nach ins Bewusstsein, insbesondere in den letzten 20 bis 30 Jahren. wwt: Wir wissen, dass entwässerte Moorböden eine bedeutende Quelle von Treibhausgasemissionen sind. Was wurde in den vergangenen 30 Jahren dagegen getan und wie zufrieden sind Sie mit dem Tempo? Succow: Erst mit dem anthropogen ausgelösten Klimawandel wurde uns zunehmend bewusst, welche Rolle wachsende, das heißt wassergesättigte Moore im Naturhaushalt haben. Es gab wichtige einzelne Projekte zur Moorrevitalisierung, anfangs standen vor allem Naturschutzfragen wie der Erhalt von Biodiversität im Vordergrund. 95 % der Moore in Deutschland sind aber immer noch tief entwässert. Trotz Anstau des Wassers in den Gräben findet durch die Verdichtung des Bodens kaum noch Wasserbewegung im Torfkörper statt. Trockenheitsertragende Rosettenpflanzen und Quecken prägen die Flächen bei geringem Ertrag und weiterhin stattfindender Mineralisierung des Torfkörpers. Flachgründige Moore sind inzwischen zu Mineralstandorten geworden, auf tiefgründigen Mooren beträgt der Höhenverlust inzwischen 1,0 bis 1,5 Meter. In Greifswald erforschen wir seit 20 Jahren die Perspektiven für eine wirtschaftliche Weiternutzung imnassen Zustand, wir nennen es Paludikultur. Was das bedeutet und welche Rahmenbedingungen wir für diese Transformation in den Mooren brauchen, wird erst seit wenigen Jahren breiter diskutiert. Meine Stiftung hat mit ihren Partnern im Greifswald Moor Centrum mehrere Projekte umgesetzt, um das Thema bei Landnutzern und in der Politik stärker in die Diskussion zu bringen. Das Tempo muss dabei deutlich zunehmen. Wir müssen mindestens 50.000 ha/a in Deutschland wiedervernässen, da wir die CO2-Emissionen aus den Mooren spätestens bis 2050 stoppen müssen, um unseren Verpflichtungen aus dem Pariser Klimaschutzabkommen nachzukommen. Bisher haben wir in Pilotprojekten nur wenige Tausend Hektar pro Jahr wiedervernässt. Wenn wir globale Gerechtigkeitsaspekte einbeziehen und Emissionsbudgets fair verteilen wollen, müssen wir sogar noch schneller sein. Die Erderwärmung schreitet schnell voran, wie die jüngsten Berichte des Weltklimarats zeigen. Eine naturbasierte Moornutzung kann auch durch Verdunstung und Kühlung wesentlich zum Klimaschutz beitragen. Die neue Bundesregierung hat das erkannt und im Koalitionsvertrag festgehalten, besondere Chancen ergeben sich durch das Aktionsprogramm Natürlicher Klimaschutz. wwt: Im Projekt MoKli, das im Februar 2022 endete, wurde an der Weiterentwicklung praxistauglicher Lösungen für den Moorschutz in fünf Modellregionen gearbeitet. Der Weg von der Erkenntnis in die Praxis ist meist langwierig. Was sind wesentliche Ergebnisse dieses Projekts? Succow: In der Tat ist dies aktuell noch langwierig. Die Erfahrungen im Projekt MoKli haben uns gezeigt, dass zunächst ein gemeinsames Problemverständnis der Akteure in den Moorregionen zur Moorentwässerung und ihrer Klimarelevanz erarbeitet werden muss. Wasserszene Ein Leben für den Naturschutz Neben Kurt Kretschmann ist der 1941 in Lüdersdorf geborene Michael Succow einer der bekanntesten und profiliertesten Naturschützer der DDR. Zunächst studierte und promovierte er im Fach Biologie, habilitierte dann 1981 an der Akademie der Landwirtschaftswissenschaften der DDR und wurde 1987 zum Professor ernannt. Als stellvertretender Umweltminister der DDR konnte Michael Succow in der Wendezeit mit einem engagierten Mitarbeiterteam das Nationalparkprogramm der DDR erarbeiten und vorantreiben. Dabei gelang es in herausragender Weise, fünf Nationalparks, sechs Biosphärenreservate und drei Naturparks zu gründen und zu sichern. Im Jahr 1992 erfolgte seine Berufung zum Universitätsprofessor an die Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald. Als Direktor baute er das Botanische Institut zu einer interdisziplinären Lehr- und Forschungseinrichtung aus und entwickelte den Studiengang Landschaftsökologie und Naturschutz. Es begann eine erfolgreiche Forschungstätigkeit im In- und Ausland. Succow initiierte zahlreiche Naturschutzgroßprojekte, unter anderem UNESCO-Weltnaturerbe-Gebiete in Kamtschatka und der Kaukasus-Region, Biosphärenreservate in Kirgisistan, Kasachstan und Usbekistan sowie Nationalparke in der Mongolei, in Georgien und Russland. DieWiedervernässung von Mooren und der Moorschutz sind bis heute ein elementares Bindeglied seiner wissenschaftlichen Forschung und Naturschutzarbeit geblieben. 1997 erhielt Michael Succow den Alternativen Nobelpreis der Right Livelihood Award Foundation in Stockholm. Das Preisgeld bildete den finanziellen Grundstock der Michael Succow Stiftung zum Schutz der Natur. Bild 2 Das Landgrabental in Vorpommern: ein vermoortes Urstromtal, dass nach Komplexmelioration heute ein degradierter Moorstandort ist, hocheutrophiert mit trockenen Gräben, dominiert von Queckenfluren und Brennnesseln, dahinter das vertrocknende Moor imBlühaspekt der Sandkresse. ImHintergrund befindet sich das alte NSG Beeseritzer Torfwiesen, heute ein torfzehrender Birkenwald. Quelle: Michael Succow

9 7-8/2022 Interview wwt: Das Land Mecklenburg-Vorpommern möchte gemeinsam mit dem Greifswald Moor Centrum mittelfristig eine Moor- und Klimaschutzagentur gründen. Welche Rolle kann die Agentur spielen? Succow: In den Institutionen des Landes Mecklenburg-Vorpommern fehlt es an Kapazitäten beim Thema Moor-Klimaschutz. Nach wie vor gibt es im Ministerium kein eigenes Referat zum Thema, gleichzeitig hat das Land eine wichtige Rolle in der Umstellung der Moornutzung. Eine Agentur kann dagegen Kapazitäten schaffen, um die Umsetzung von Moor-Klimaschutz in die Fläche zu bringen, einen Flächenpool einrichten, Flächeninformationen zur Verfügung stellen, zur Vernetzung zwischen beteiligten Akteuren und zur Landesebene (als Schnittstelle) beitragen, Beratung, Aus- und Weiterbildung organisieren sowie Ansprechpartner für lokale Akteure, Vorhabenträger sowie untere Behörden sein. Wichtig ist dabei, dass die Ministerien dahinterstehen müssen, und zwar nicht nur das Landwirtschafts- und Umweltministerium, sondern auch das Finanz- und Wirtschaftsministerium. Es braucht langfristige Perspektiven und eine stabile Finanzierung der Agentur. Dabei ist auch der Bund in der Pflicht, da es sich beim Klimaschutz um eine gesamtstaatliche Aufgabe handelt. Die Wasser- und Bodenverbände sind dabei sehr wichtige Partner, da sie flächendeckend im Land vorhanden sind und die wasserwirtschaftliche Infrastruktur verwalten. Sie haben Know-how und eine Schlüsselrolle, um Moor- und Klimaschutz in die Fläche zu bringen. Das Gespräch führte Nico Andritschke.  Prof. em. Dr. Michael Succow Michael Succow Stiftung verena.seitz@succow-stiftung.de www.succow-stiftung.de Zusätzlich braucht es eine Vertrauensbasis, um Kooperationen für eine erfolgreiche Umsetzung zu erreichen, denn Moorschutz gelingt nur gemeinsam. Hier sind wir im Projekt einen großen Schritt vorangekommen, wir sehen in den fünf moorreichen Bundesländern (Niedersachsen, Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg, Bayern) engagierte Landwirte, Wasser- und Bodenverbände und Gemeinden, die etwas verändern wollen. Wir haben das Thema dort breit in die Bevölkerung getragen, Vorstudien angefertigt und Szenarien für konkrete Flächen entwickelt. Jedoch hemmen die aktuellen, stark auf entwässerungsbasierte Landnutzung ausgerichteten Rahmenbedingungen die Umsetzung. Die Vorbereitungsphasen dauern viel zu lang. Für die Transformation braucht es mehr Angebote und Anreize für die Akteure, verbunden mit planungsrechtlichen Weichenstellungen, die die Umsetzung erleichtern und beschleunigen, wie vereinfachte Genehmigungsverfahren und Erweiterung der Zuständigkeiten der Wasser- und Bodenverbände. Das kann nur durch Inwertsetzung der erbrachten ökologischen Leistungen durch die Gesellschaft erfolgen – damit muss sofort begonnen werden. wwt: Wie sieht die Landwirtschaft die Wiedervernässung der Moorböden? Was sind die größten Stolpersteine? Succow: Die Landwirte sehen und verstehen die Problematik der Treibhausgasemissionen aus den Mooren. Auch der gestörte Landschaftswasserhaushalt, die Oberboden-Degradierung und letztendlich der Verlust des fruchtbaren Moorbodens, des Torfes, sind Probleme, die sie erkennen. Die Bereitschaft zur Veränderung ist vorhanden, aber es fehlen sichere und langfristige Perspektiven, denn eine nasse Moornutzung (Paludikultur) erfordert die grundsätzliche Umstellung der Moornutzung sowie der Betriebe und damit hohe Investitionskosten. Die finanzielle Förderung allein reicht jedoch nicht, die Wertschöpfungsketten sind noch lückenhaft und nicht wirtschaftlich tragfähig ausgebaut. Hier gibt es ein „Henne-Ei-Problem“: Die Verwerter brauchen Mindestmengen an Biomasse für die Produktion, die Landnutzer brauchen Sicherheit bei der Abnahme. Leider wird die entwässerungsbasierte Moornutzung immer noch durch die gemeinsame Agrarpolitik subventioniert, hier braucht es also auch einen Wandel der EU-Agrarpolitik. Letztendlich muss es einen Wandel zum Moor-Klimawirt geben – eine veränderte Rolle und ein neues Selbstbild der Landwirte. Dafür muss sich auch die Wasserwirtschaft weit stärker als Akteur im Moorschutz begreifen, denn wachsende Moore spielen eine zentrale Rolle für den Landschaftswasserhaushalt. Deutschlands Moore Michael Succow und Lebrecht Jeschke stellen in der Neuerscheinung 115 der bedeutendsten Moore erstmals in einer eindrucksvollen Gesamtschau vor. Quelle: Natur + Text GmbH Bild 3 Unterlauf des Peene-Flusstalmoores östlich von Anklam: eine Moorlandschaft auf Ostsee-Höhe. ImVordergrund ist die aktuelle Paludikultur ersichtlich, im Hintergrund die zu DDR-Zeiten gepolderten talrandnahen Bereiche, die nun überflutet sind. Die Oberfläche liegt inzwischen ungefähr einen Meter unter demMeeresspiegelniveau. Quelle: Stephan Busse

10 www.umweltwirtschaft.com Special: Pumpen Christopher Bölter; Dr.-Ing. SebastianWulff; Prof. Dr.-Ing. Paul Uwe Thamsen Intelligentes Abwassermanagement für dezentrale Strukturen Bei der Digitalisierung von Abwasserstrukturen stehen meist Städte und Ballungszentren im Fokus der Betrachtung. Aber auch in ländlichen Räumen kann mit Sensorik und IoT einfach eine größere Effizienz beim Betrieb von Abwassernetzwerken erzielt werden. sich deutliche Verbesserungen zur Wartung und Instandhaltung, indem eine permanente Überwachung der Anlagen aufgebaut wird. Hierzu bieten sich heutzutage die sogenannten cloudbasierten Überwachungssysteme an, die eine einfache Vernetzung dezentraler Strukturen und damit eine Fernüberwachung erlauben. Datenübertragung, Auswertung und Visualisierung erfolgen größtenteils über das Internet und erlauben eine Informationsübertragung zum eigenen oder auch vertraglich gebundenen Personal der Servicefirmen. Basierend auf den vorliegenden Informationen können dann direkt sinnvolle Aktivitäten angestoßen werden. Ein direkter Fernzugriff auf diese Anlagen der kritischen Infrastruktur muss dabei unterbunden werden, was aber auch in jedem Fall technisch mit wenig Aufwand zu realisieren ist. Es werden nur Informationen oder Daten übermittelt, die für eine Beurteilung des BeIn großen Städten bestehen komplexe In- frastrukturen für die Abwasserförderung, die über viele Jahrzehnte gewachsen sind und entsprechend immer weiter optimiert wurden. Der Betrieb dieser Systeme geschieht infolgedessen heute meist über computer- unterstützte Leitsysteme. Beispielsweise ist die Abwasserförderung bei den Berliner Wasserbetrieben über ein zentrales Leit- und Informationssystem Abwasser (LISA) organisiert. Hierüber werden über 160 Pumpstationen, das Druckleitungssystem zu den sechs Klärwerken sowie weitere Einrichtungen zum Regenwassermanagement gesteuert. Täglich werden durchschnittlich etwa 620.000 m³ Abwasser gepumpt /1/. Die gemeinsame Steuerung aller abwassertechnischen Einrichtungen und die damit verbundene kapazitätsgerechte Leitung der Abwasserströme hat bereits zu einer deutlichen Reduzierung von Mischwasserüberläufen im Betrieb geführt /2/. Weitere Verbesserungen sind aus der weitergehenden Integration der Digitalisierung zu erwarten. Dezentrale Pumpstationen und abwasser- technische Einrichtungen in ländlichen Räumen sind hingegen oft nur mit wenig Leittechnik ausgerüstet und werden üblicherweise auch nicht tiefergehend vernetzt gesteuert. Ländliche Regionen zeichnen sich unter anderem durch höhere Kosten für die Abwasserentsorgung pro Einwohner aus. Beispiel: Auf einen Kilometer Misch- und Schmutzwasserkanalisation kommen in Berlin ca. 349 Einwohner, in Brandenburg sind es 133 Einwohner (Stand 2016) /3/. Hier besteht ein großer Bedarf und entsprechend viel Potenzial aus Ansätzen der Digitalisierung (z. B. IoT – Internet of Things), um die Betriebskosten – vorwiegend Energiekosten – zu reduzieren sowie Überläufe bei Stark- regen zu vermeiden. Darüber hinaus ergeben 45,0 40,0 35,0 30,0 25,0 20,0 15,0 10,0 5,0 0,0 Anteil in % GK 1 GK 2 GK 3 GK 4 GK 5 41,7 25,3 9,5 21,0 2,6 Größenklassen Anlagen 2016: 9.105 Bild 1 Größenstruktur öffentlicher Abwasser- behandlungsanlagen Quelle: /5/

11 7-8/2022 Sensoren und einer cloudbasierten IoT-Plattform dient (Bild 2). Eine IoT-Plattform stellt eine Art Betriebssystem dar, mit der die übertragenen Daten ausgelesen, bearbeitet und analysiert werden können. Weiter werden dort Grenzwerte definiert und ein zielführendes Alarmmanagement eingerichtet. erlauben. Dabei können bereits existierende Sensoren mit in das System eingebunden werden, indem das vorhandene analoge Signal (0/4 – 20 mA; 0 – 10 V) erfasst wird. Die kompakten Sensoren sind meist batteriebetrieben und verfügen über eine Verbindung zu einem Gateway, das als Kommunikationsschnittstelle zwischen den triebszustandes von Interesse sind und eine Diagnose des Anlagenzustandes erlauben. Liegen diese Informationen online vor, ist es nachzuvollziehen, dass eine Beseitigung einer betrieblichen Störung oder eine Reparatur deutlich schneller und zielführender erfolgt. Der Betrieb der Anlagen wird hiermit wirtschaftlicher. Ein Blick auf die Größen- struktur öffentlicher Abwasserbehandlungsanlagen in Deutschland zeigt, dass von den 9.105 Anlagen mit mindestens 50 Einwohnerwerten (Stand 2016) nur 23,6 % den Größenklassen 4 (10.000–100.000 EW) und 5 (> 100.000 EW) angehören /4/ (Bild 1). Somit existiert eine große Anzahl von kleineren Anlagen, für die Lösungen für ein intelligentes Abwassermanagement gefunden werden müssen. Grundsätzlicher Aufbau einer vernetzten Pumpstation Für eine cloudbasierte Fernüberwachung werden zunächst Sensoren genutzt, die eine sehr einfache Ausrüstung der Anlage Abwassermanagement Bild 2 Grundsätzlicher Aufbau einer vernetzten Pumpstation Quelle: TU Berlin, FSD SIND SIE EIGENTLICH NOCH GANZ SAUBER? Mit den Froschklappen von ASCHL ist dies Ihre Rohrleitung ganz bestimmt! www. a s c h l - e d e l s t a h l . c om 9 aus Edelstahl 9 ohne Plastikteile 9 effizienter Trinkwasserschutz 9 robust & witterungsbeständig 9 Schutz vor Kleintieren und Schmutz

12 www.umweltwirtschaft.com Special: Pumpen Vernetzte Pumpstationen im Labor Im Bereich der realen abwassertechnischen Einrichtungen lassen sich neuartige Funktionalitäten meist nicht entwickeln, da es sich um kritische Infrastruktur mit entsprechend schwierigem Zugang handelt. Aus diesem Grund wurden am Fachgebiet Fluidsystemdynamik der TU Berlin Pumpstationen mit Pumpen in Nass- und Trockenaufstellung aufgebaut. An diesen Prüfständen lassen sich reproduzierbare Phänomene mit den zugehörigen Daten generieren, was eine gezielte Entwicklung neuer Sensorsysteme erlaubt, aber an denen vielmehr auch neuartige Aktuatorik zur Einwirkung auf die Betriebszustände oder zur Störungsbeseitigung entwickelt wird. Die Schachtpumpstation im Labor verfügt über Speichertanks im Keller, eine drehzahlgeregelte Kreiselpumpe für den Zulauf, zwei Tauchmotorpumpen, eine Druckleitung mit Rückschlagklappen und Plattenschieber, eine Belüftung zur hydraulischen Entkopplung und ein Abflussrohr, durch das das Wasser mittels Schwerkraft zurück in die Speichertanks fließt /5/ (Bild 4). Das im Labor festverbaute konventionelle Sensorsystem erfasst unter anderem das Niveau, Drücke, Volumenströme und die elektrische Leistung. Durch die Installation eines IoT-Sensorsystems existiert ein redundantes System zur Überwachung der Schachtpumpstation (Bild 3). Zum einen kann die Plausibilität von erfassten Messwerten überprüft und zum anderen konnten weitere Sensoren an Anlagenkomponenten angebracht werden, die bis dahin nicht überwacht wurden. So führte z. B. die Installation von zwei Temperatursensoren an der Zulaufpumpe zu einer besseren Überwachung bei den durchgeführten Versuchen. Durch das IoT-Sensorsystem konnte eine effiziente Fernüberwachung realisiert werden, die ihren Nutzen eindeutig bei der Inbetriebnahme und Justage des Schachtpumpwerks im Labor sowie bei den durchgeführten Langzeitversuchen im Rahmen des Projektes OPTIMA /5/ zeigte. Nachfolgend werden einige praktische Beispiele für die Fernüberwachung von Pumpstationen vorgestellt. Bild 3 Batteriebetriebene Stromsensoren werden um die Leiter geklickt. Quelle: TU Berlin, FSD Bild 4 Schachtpumpstation im Labor des FG Fluidsystemdynamik Quelle: /5/

13 7-8/2022 “Make a pumping station smart in 30 minutes“ Mit diesem Slogan wurde eine Pumpstation in der norwegischen Stadt Bergen mit cloudbasierten Sensoren ausgerüstet. Die Fernüberwachung der Pumpstation erlaubt eine Übertragung der wesentlichen Parameter der Pumpstation wie Druck, Volumenstrom, Strom, Vibration und Temperatur (Bild 5). Zusätzlich kann der Lampenstatus von Alarmleuchten oder Störungsindikatoren über Helligkeitssensoren erfasst werden, wodurch sich vorhandene „lokale“ Technik zielführend in die Fernüberwachung einbinden lässt. Über einen einfachen Offen/geschlossen-Sensor wird der Zugang zur Pumpstation überwacht. So können Wartungsaktivitäten nachvollzogen und dokumentiert, aber auch möglicher Vandalismus kann frühzeitig erkannt werden. Die Berechnung und Analyse von Zielgrößen aus den übertragenen Daten wie dem Wirkungsgrad bietet eine wesentliche Unterstützung des Betriebs der Pumpstation und der Wartung und Instandhaltung. Pump2Pump-Kommunikation Beim Betrieb von fünf Pumpstationen im Zulauf eines Klärwerks im ländlichen Raum führten Starkregenereignisse zu einem Überlauf in der aufnehmenden letzten Pumpstation vor dem Klärwerk. Der Aufbau einer Kommunikation zwischen den Pumpwerken, die Freigabe des Pumpenstarts durch die jeweils stromab liegende Pumpstation sowie Bild 5 Vibrationssensor mit Magnetfuß und Oberflächentemperatursensor Quelle: TU Berlin, FSD als PUMPTECHNIK VON HEUTE FÜR MORGEN Bei allem, was wir tun, verlieren wir nie aus den Augen, worum es für Sie geht: wirtschaftliches Arbeiten mit zeitgemäßer und zuverlässiger Technik. Förderaufgaben in der Abwassertechnik sind meist sehr anspruchsvoll: Fasern, Verzopfungen und Fremdstoffe können Pumpen beschädigen und im schlimmsten Fall Anlagen zum Stillstand bringen. Das kostet nicht nur Zeit und Geld, sondern verursacht oft auch Frust – weshalb es sich lohnt, bei jeder Neuanschaffung eine Kosten-Nutzen-Abwägung vorzunehmen. Als Erfinder der Drehkolbenpumpe steht für Vogelsang die optimale Kombination aus Qualität und Funktionalität im Vordergrund. Unser Know-how und die langjährige Erfahrung nutzen wir, um unseren Kunden als kompetenter Partner zur Seite zu stehen. Mit Pumptechnik, die wirtschaftlich individuelle Anwendungsfälle meistert und mit unserer persönlichen Beratung. VOGELSANG LEADING IN TECHNOLOGY vogelsang.info

14 www.umweltwirtschaft.com Special: Pumpen eine Anhebung der Anschaltpegel bei Starkregen führten zu einer nahezu vollkommenen Vermeidung der Überläufe /6/ (Bild 6). Analyse des zeitlichen Pegelverlaufs Aufgrund von zusätzlichen Kosten für Messtechnik und einem zusätzlich benötigten Messschacht wird bei Schachtpumpstationen im ländlichen Raum oft auf die Erfassung des Volumenstroms verzichtet. Eine Möglichkeit, sowohl den Zufluss als auch den Volumenstrom der Pumpe(n) zu erfassen, bietet die kontinuierliche Erfassung des Pegels im Schacht. Mit Kenntnis der Schachtgeometrie lässt sich durch die zeitliche Änderung des Pegels und somit des Abwasservolumens im Schacht auf den Zufluss und auf das abtransportierte Volumen durch die Pumpe(n) schließen. Durch die Analyse des zeitlichen Pegelverlaufs lassen sich jedoch noch weitere Aussagen über den Betriebszustand der Pumpstation treffen. Hierzu wurde die bereits beschriebene Schachtpumpstation im Labor der TU Berlin mit einem IoT-Sensorsystem ausgestattet, das so auch in fünf Pumpstationen in England installiert ist. Neben der Bestimmung des Zuflusses und des transportierten Volumens lassen sich durch einen Vergleich des aktuellen Pegelverlaufs mit historischen Daten Anomalien detektieren. Diese können dann z. B. auf eine defekte Rückschlagklappe oder Fremdwasser hinweisen. Diese Anomalien wurden im Labor kontrolliert herbeigeführt und erfolgreich durch das IoT-Sensorsystem und die verwendeten intelligenten Algorithmen detektiert. Mit den Ergebnissen aus dem Labor als Grundlage wurden die Daten der fünf Pumpstationen aus dem Feld tiefergehend analysiert, was zu einem besseren Verständnis über die Zustände der Pumpstationen führte. Unterstützung der Wartung und Instandhaltung Bisher wurden die Wartung und Instandhaltung wasser- und abwassertechnischer Anlagen nach einer bestimmten Zeit, z. B. jährlich oder im Falle einer auftretenden Störung oder eines Schadens, durchgeführt. Typischerweise fährt das Fachpersonal einer Servicefirma zu der Anlage und nimmt die Situation auf. Hierzu werden auch die Verläufe der wichtigen Daten wie des Drucks, des Volumenstroms oder der Leistung vor Ort ausgewertet. Da erst danach der Schaden und dessen Ursache abgeleitet werden können, ist mindestens eine zweite Anfahrt mit dem benötigten Werkzeug und Ersatzteilen notwendig. Bei einer permanenten Fernüberwachung können sowohl das Schadensbild als auch die zur Behebung notwendigen Maßnahmen vorab eingeschätzt werden, sodass eine schnellere und günstigere Schadensbehebung durchgeführt werden kann. Hierzu muss jedoch die Servicefirma einen Zugang zu den Informationen pflegen, die Bestandteil eines Wartungsvertrages sein können. Störungserkennung in komplexen Leitsystemen Auch für die umfangreichen, komplexen Leitsysteme in großen Städten ist ein Einsatz von cloudbasierten Fernüberwachungen sinnvoll, denn hier können gezielt eine größere Anzahl von Sensoren und höhere Datenraten zur Störungsklärung oder Betriebsverbesserung eingesetzt werden. Die aufwendige Einbindung der Sensoren in die vorhandene starre Leittechnik wird damit vermieden. Nach Klärung der Situation können die Sensoren und Geräte wieder rückgebaut werden. Zusammenfassung und Ausblick Eine cloudbasierte Vernetzung ist sinnvoll und auch notwendig. Nicht nur in Städten und Ballungsräumen, sondern auch in ländlichen Räumen können eine größere Effizienz und ein erleichterter Betrieb von Abwassernetzwerken erreicht werden. Es steht eine Reihe von Möglichkeiten zur Verfügung, wie die vorgenannten Beispiele zeigen. Es ist sinnvoll, sich die Gegebenheiten vor Ort genau anzusehen und eine maßgeschneiderte Lösung für den Einzelfall einzusetzen. Dies muss weder teuer noch zeitaufwendig sein und kann für den Anwender dennoch von großem Nutzen sein. Auch temporäre Anwendungen, die für die bestimmte Dauer einer Maßnahme oder für die Bestimmung einer Anomalie eingesetzt werden, sind hier eine sinnvolle Ergänzung, um Kosten niedrig zu halten. Es ist festzuhalten, dass eine Anzahl von Werkzeugen zur Verfügung steht, die mit teilweise geringem Aufwand zu hoher Wirkung führt. Um den Einsatz in der Breite zu fördern, bedarf es noch einiger Positivbeispiele und Aufklärung, unter anderem im Bereich der Datensicherheit, um den Einstieg in solche Anwendungen so niedrigschwellig wie möglich zu gestallten. Christopher Bölter, Dr.-Ing. Sebastian Wulff, Prof. Dr.-Ing. Paul Uwe Thamsen TU Berlin, Fachgebiet Fluidsystemdynamik E-Mail: paul-uwe.thamsen@tu-berlin.de Literatur: /1/ Berliner Wasserbetriebe (2020): Nachhaltigkeits- bericht 2020 /2/ Berliner Wasserbetriebe (2012): Nachhaltigkeits- bericht 2012 /3/ Destatis (2018): Öffentliche Wasserversorgung und öffentliche Abwasserentsorgung – Struktur- daten zur Wasserwirtschaft – 2016, Fachserie 19, Reihe 2.1.3 /4/ Destatis (2018): Öffentliche Wasserversorgung und öffentliche Abwasserentsorgung – Öffent- liche Abwasserbehandlung und -entsorgung – 2016, Fachserie 19, Reihe 2.1.2 /5/ Tilcher, D. et al. (2022): How to test the opera- tion and monitoring of critical wastewater infra- structure in a laboratory environment, Proceedings of the ASME 2022, August 2022 /6/ Pöhler, M. et al. (2016): Dezentrale Automati- sierung eines Abwasserpumpennetzes im länd- lichen Raum, 12. Tagung Technische Diagnostik 2016, Oktober 2016 Bild 6 Vernetzte Pumpstationen – Pump2Pump Kommunikation Quelle: /6/

15 7-8/2022 Saskia Rothermel Die Energiekosten auf dem Schirm und im Griff In vielen Fällen gibt ein Energie-Monitoring den Impuls, Energie einzusparen. Kombiniert mit Intelligenz sind hohe Einsparpotenziale realisierbar. Intelligente Monitoring-Lösungen bieten aber noch mehr, etwa in Bezug auf umfassende Transparenz, höhere Betriebssicherheit, mehr Verfügbarkeit und optimierte Instandhaltung. einem ungeplanten Ausfall kommt, Vorsorge zu treffen. Dieser Ansatz ist auch als „Predictive Maintenance“ bzw. „vorausschauende Instandhaltung“ bekannt. Hierbei werden die vorhandenen Maschinendaten mit statistischen Modellen und intelligenten Algorithmen verknüpft und bewertet. Wie gelingt Betreibern also ein intelligentes und zugleich praktikables Predictive Maintenance? Zunächst einmal sind dafür belastbare und zentral gesammelte digitale Zustandsdaten der laufenden Maschinen nötig. Sind diese vorhanden, werden sie Ohne Zweifel sind Monitoring-Lösungen ein wichtiges Werkzeug auf dem Weg zu einer digitalisierten Anlage, einer optimierten Instandhaltung und energieeffizienten Prozessen. Dabei sind „einfache“ Daten wie Schwingungen, Temperatur, Betriebsstunden oder Informationen zum Betriebspunkt der Schlüssel zum Erfolg. Jedoch müssen diese erst einmal verfügbar sein und richtig analysiert sowie interpretiert werden. Das Zielbild ist dabei klar: falsch betriebene Komponenten identifizieren, Verschleißerscheinungen und Schäden vorhersehen und somit kostenintensive Ausfälle vermeiden und Energiekosten reduzieren. Bleibt die Frage, wie digitale Lösungen bei der Analyse und Interpretation Abhilfe schaffen und Daten optimal genutzt werden können. Daten in Informationen verwandeln Das Zauberwort in diesem Zusammenhang lautet „Anomalieerkennung“. Das Ziel ist, Prognosen (Vorhersagen) von Anomalien auf Basis gegenwärtiger Betriebsparameter tätigen zu können – um rechtzeitig, bevor es zu Monitoring Bild 1 Der Weg der Daten – von der Pumpe über die Cloud in das Web-Portal oder die App Quelle: KSB

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